Welche Erwartungen haben die Menschen an politische Interessenvertretung in der Wirtschaft? Und wie sollten Unternehmen darauf eingehen? In unserer neuen Studie geben wir Antworten.
Unternehmerisches Lobbying wird kontrovers diskutiert: Mache wünschen sich mehr unternehmerische Kompetenz bei der Lösung gesellschaftlicher Probleme. Andere fürchten vor allem Manipulationen durch einflussreiche Branchen und Konzerne. Dieses Spannungsfeld ist der Ausgangspunkt für unsere Studie „Verantwortliches Lobbying im nachhaltigen Wandel“ (Autoren: Prof. Philipp Schreck, Dr. Martin von Broock, Moritz Appels).
Mit einem innovativen Studiendesign (Kombination von Befragung und Experiment) sind wir folgenden Fragen nachgegangen: Wie beurteilen die Menschen die Lobby-Arbeit von Unternehmen? Welche Kriterien beeinflussen die Akzeptanz von Lobbying? Und welche Handlungsempfehlungen lassen sich daraus für verantwortungsvolle politische Interessenvertretung ableiten? Die Kernergebnisse im Überblick:
Wahrnehmung von Lobbying: Im Prinzip sinnvoll, aber konkret schädlich
Die große Mehrheit der Befragten (93%) schätzt den Einfluss von Lobbying auf die deutsche Politik als hoch ein. 78% Prozent bewerten diesen Einfluss negativ. In der Folge wünschen sich 89% eine stärkere Einschränkung von Lobbying. Allerdings ist gleichzeitig eine knappe Mehrheit von 52% der Ansicht, dass Lobbying politische Entscheidungsprozesse im Prinzip verbessern könnte.
Für Unternehmen bedeutet das: Da politische Interessenvertretung im Prinzip als sinnvoll erachtet wird, lohnen sich Investitionen in eine bessere Lobbying-Praxis. Denn die Akzeptanz unternehmerischen Lobbyings entscheidet über die „license to sit at the table“.
Stärkster Akzeptanzhebel: Die Position
Am konkreten Beispiel Klimaschutz wird deutlich: Die stärkste Hebelwirkung hat die im Lobbying vertretene Position. Setzt sich ein Unternehmen für mehr (statt weniger) Klimaschutz ein, dann stößt die Lobby-Maßnahme auf deutlich stärkere Akzeptanz bei den Befragten.
Für Unternehmen folgt daraus: Interessenvertretung gegen ambitionierten Klimaschutz hat wenig Aussicht auf Akzeptanz. Trotzdem muss unternehmerische Kritik an Klimaschutzmaßnahmen möglich bleiben. Für mehr Akzeptanz sollte Lobbying dann aber (1) das unternehmerische Bekenntnis zum Klimaschutz mindestens nicht unterminieren und (2) bessere Alternativen zur Erreichung des jeweiligen Ziels benennen.
Wechselwirkungen: Konsistenz entscheidet, Transparenz flankiert
Von progressivem Klimalobbying profitieren vor allem Unternehmen mit hoher ökologischer Reputation. Umgekehrt verschafft ihnen ihre Reputation aber keinen „Kredit“ für weniger ambitionierte Lobbymaßnahmen. Auch Unternehmen mit geringer ökologischer Reputation können mit progressiverem Klimalobbying ihre Akzeptanz steigern. Die Effekte fallen aber geringer aus.
Heißt: Wer sein Klimaschutz-Lobbying von "defensiv“ auf „progressiv“ umstellt, kann nur begrenzte Quick-Wins erwarten und muss zunächst in seine ökologische Performance investieren. Demgegenüber führt defensives Klimalobbying in jedem Fall zu Akzeptanzverlusten. Ein Teil jener Verluste kann allerdings durch eine bessere Transparenz im Lobbying aufgefangen werden.
Entscheidend für die Akzeptanz von Lobbying ist also die Konsistenz (oder Integrität) von Haltung, Handeln und Historie eines Unternehmens im Einklang mit gesellschaftlichen Zielstellungen. Dabei spielt Transparenz zwar nur eine flankierende Rolle; sie zahlt sich aber in jedem Fall aus. Unternehmen, die in die Akzeptanz ihres Lobbyings investieren wollen, sollten sich also an der Reihenfolge „Was“ vor „Wer“ vor „Wie“ orientieren.
Download der Studie „Verantwortliches Lobbying im nachhaltigen Wandel“