Warum es ungerecht und ineffizient ist, wenn wenige fast alles besitzen

Prof. Neuhäuser macht sich gegenüber ERL DoktorandInnen für John Rawls Idee einer besitzenden Demokratie stark.

Prof. Christian Neuhäuser vom Institut für Philosophie und Politikwissenschaft der Technischen Universität Dortmund besuchte das Doktorandenkolleg „Ethik und gute Unternehmensführung“ im Zuge eines Jour Fixe. Sein Vortrag trug den Titel „Economic Ethics and Property-owning Democracy”. Neuhäuser zeigte zunächst die Gemeinsamkeiten der ökonomischen Ethik und des sozialen Liberalismus nach Rawls auf: Beide Denkschulen betrachten den Markt als die dominante Institution, die reguliert werden muss, um Gerechtigkeit sicherzustellen. Rawls argumentiert, dass diese Regulierung sich an seinen Prinzipien der Gerechtigkeit ausrichten sollte. Diese Prinzipien fordern gleiche Grundrechte und -freiheiten für alle Menschen und Chancengleichheit hinsichtlich des Zugangs von Ämtern und Positionen und erlauben soziale und ökonomische Ungerechtigkeiten nur dann, wenn hierdurch die am schwächsten Gestellten der Gesellschaft bessergestellt werden. Akzeptiert man diese Prinzipien, so folgt laut Rawls daraus, dass eine besitzende Demokratie das gerechtere System ist als ein Wohlfahrtskapitalismus. In einer besitzenden Demokratie wird beispielsweise durch (Erbschafts-)Steuern verhindert, dass eine kleine Gruppe von Menschen Kapitel und Wohlstand und somit indirekt auch politische Macht akkumuliert. Neuhäuser verteidigte die Idee der besitzenden Demokratie gegen den Einwand, diese sei ineffizient. So könne sich in wohlhabenden Gesellschaften verteiltes Kapital immer noch in Fonds bündeln und außerdem gebe es neben rein ökonomischen Anreizen viele nicht-monetäre Anreize. Im Anschluss an den Vortrag wurde u.a. angesprochen, wie man genau Wohlstand und Kapital definieren solle, ob Effizienz ein Wert an sich sein könne und warum „Vorabverteilung“ gerechter sein solle als Umverteilung. Neuhäuser gestand ein, dass die Idee einer besitzenden Demokratie zu verwirklichen eine große Herausforderung darstellt. Gleichzeitig betonte er, dass gerade in Krisenzeiten scheinbar revolutionäre und gut durchdachte Ideen durchaus eine Chance hätten.