Das WZGE unterstützt den BAVC und die IG BCE bei der Entwicklung von Leitlinien für Daten- und Algorithmenethik in der Arbeitswelt.
Mehr Sicherheit, effizientere Abläufe, ein faireres Personalmanagement – die Chancen digitaler Innovationen sind gerade in der Arbeitswelt vielfältig. Zugleich können mit diesen Innovationen aber auch unerwünschte Nebenwirkungen einhergehen wie beispielsweise verdeckte Leistungsmessungen, Manipulationen oder Diskriminierungen. Für die Chemie-Sozialpartner (den Bundesarbeitgeberverband Chemie und die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie) stellt sich daher die Frage: Wie können Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen gemeinsam Vertrauen für eine verantwortungsvolle Nutzung der neuen Technologien schaffen?
Ein wichtiger (indes nicht einziger) Schritt ist die Verständigung auf Leitlinien für Daten- und Algorithmenethik in der Arbeitswelt. Den dafür notwendigen Prozess begleitet das WZGE mit eigenen Impulsen und moderierend. Dafür wurde zunächst die Grundstruktur des Leitbilds entlang des WZGE-Dreiklangs aus „Werten, Wirklichkeit und Investitionen“ entwickelt. Fundierte und praxistaugliche Leitbilder enden nicht beim bloßen Bekenntnis zu Werten, sondern vermitteln Orientierung zum Umgang mit wiederkehrenden Konfliktfeldern. Drei Workshops, die sich jeweils einem Element des Dreiklangs widmen, begleiten den Entwicklungsprozess des Leitbilds. Zur Arbeitsgruppe des Leitbilds unter Führung von BAVC und IG BCE gehören VertreterInnen von BASF Personal Care and Nutrition, Boehringer Ingelheim, Covestro, Evonik und Merck.
Der erste Workshop am 22. Februar widmete sich den Werten des Leitbilds. Den Ausgangspunkt bildete dabei eine Benchmarkanalyse von Stipendiaten des Doktorandenkollegs „Ethik und gute Unternehmensführung“: In einem dreimonatigen Praxisprojekt hatten sie über 200 nationale und internationale Leitbilder und Kodizes zur Daten- und Algorithmenethik ausgewertet und daraus ein Muster aus zehn wiederkehrenden „Kernwerten“ extrahiert. Dieses Set diente den Chemie-Sozialpartnern als äußere Orientierung zur Verständigung über die zentralen Werte im eigenen digitalen Leitbild. Als innere Orientierung brachten die TeilnehmerInnen des Workshops Einsichten und Erfahrungen aus ihrer Betriebspraxis ein. Mithilfe dieses Vorgehens konnten schließlich fünf gemeinsame, an den öffentlichen Diskurs anschlussfähige und gleichermaßen „chemiespezifisch“ konnotierte Kernwerte herausgearbeitet werden.
Konflikte in der Praxis standen im Mittelpunkt des zweiten Workshops am 29. April. Bereits im Vorfeld hatten die TeilnehmerInnen Beispiele für Spannungen zwischen Werten und Wirklichkeit im eigenen Betriebsumfeld gesammelt. In den Diskussionen ging es immer wieder auch um die Frage, inwieweit „Zumutungen“ – etwa im Spannungsfeld zwischen der Notwendigkeit zum Datenteilen einerseits und dem Wunsch nach informationeller Selbstbestimmung andererseits – legitim erscheinen. Dabei wurde auch das große Spektrum an Bereichen, die von der Digitalisierung positiv wie negativ betroffen sind, festgehalten.
Der dritte Workshop am 30. Juni wird sich der Entwicklung von Positionen zu den Konflikten widmen. Der Abschluss des Projekts ist für das vierte Quartal 2020 vorgesehen.