Wie lässt sich ein ethischer Führungskompass entwickeln?

Prof. Karl Homann, Prof. Wolfgang Huber und Dr. Richard Pott diskutieren im Forum Freiheit-Ordnung-Führung.

Zum Dialog am 16. Juni kamen rund 60 VertreterInnen aus Politik, Unternehmen, Organisationen und Wissenschaft im Auditorium der Leucorea zusammen. Die Diskussion markierte den Auftakt des Programms „Freiheit-Ordnung-Führung“, das das WZGE im Reformationsjahr mit Förderung der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien durchführt.

In der Problemsicht bestand Einigkeit: Immer mehr Entscheidungen müssen Führende heute unter volatilen, ungewissen, komplexen und oft auch ambivalenten Bedingungen treffen. Wer hätte etwa mit dem Brexit oder der Wahl Donald Trumps gerechnet? Und wer kann die Folgen der Digitalisierung für Märkte und Gesellschaft abschätzen? Es zeigt sich: Bewährte und als sicher bewährte geglaubte Orientierungen geraten plötzlich unter Druck. Gute, richtungsweisende Führung wird daher umso wichtiger, aber eben auch zunehmend schwieriger. Denn sie ist selbst auf Orientierungen angewiesen, wie Prof. Andreas Suchanek in seiner Einführung herausstellte. Ein ethischer Führungskompass, der theoretisch fundiert und zugleich praktisch anwendbar ist, wird daher unverzichtbar.

Als Prämisse für einen solchen Kompass hob Prof. Wolfgang Huber in seiner Keynote den Gedanken der Selbstbegrenzung hervor: „Wir nehmen eine Entwicklung wahr, in der Freiheit und Verantwortung, Risiko und Haftung zunehmend voneinander entkoppelt werden. Mit der Idee der Selbstbegrenzung müssen wir dieser Entwicklung entgegentreten.“ In der folgenden Diskussion, moderiert von Dr. Martin von Broock, verwies Prof. Karl Homann darauf, dass Führungshandeln stets in Wettbewerbsbedingungen eingebettet ist: „Moralische Vorleistungen dürfen nicht ausgebeutet werden können. Dies sicherzustellen, ist primär Aufgabe der Ordnung.“ Als ehemaliges Vorstandsmitglied von Bayer und Aufsichtsratsvorsitzender von Covestro steuerte Dr. Richard Pott Erfahrungen aus der Praxis bei. Dabei betonte er den Gedanken des Respekts: „In Unternehmen dürfen heute nicht mehr allein die erzielten Ergebnisse für die Beurteilung einer Führungskraft ausschlaggebend sein. In die Bewertung eingehen muss auch die Art und Weise, wie die Ergebnisse erzielt wurden.“

In der anschließenden, lebhaften Diskussion mit dem Publikum ging es unter anderem um die Fragen, inwiefern ein ethischer Kompass kulturellen Grenzen unterliegt und auch, inwieweit Führungskräfte überhaupt zur Reflexion ihres Handelns verpflichtet werden können. Mit dem Ziel, zum Jahresende ein Konzept für einen ethischen Kompass vorzulegen, wird das WZGE in den kommenden Monaten den Dialog in verschiedenen Formaten fortsetzen.