Wer Vertrauen einfordert, muss Verantwortung organisieren

Rund 80 TeilnehmerInnen aus Unternehmen, Stiftungen, Wissenschaft und zivilgesellschaftlichen Organisationen waren der Einladung zum 2. WZGE-Dialog gefolgt.

In diesem Jahr stand die Veranstaltung unter dem Motto „Veränderung, Vertrauen, Verantwortung – Die Rolle der Wirtschaft in gesellschaftlichen Umbrüchen.“ In seinem Eingangsstatement ging Dr. Martin von Broock, Vorsitzender des Vorstands WZGE e.V., auf die wachsenden Erwartungen an die Wirtschaft ein: Gemäß Umfragen wünschen sich immer mehr Menschen eine mitgestaltende Rolle von Unternehmen und CEOs bei Herausforderungen wie dem Klimawandel oder der Digitalisierung. Zugleich bestehen Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit von Gewinnorientierung und Gemeinwohl. Umso mehr stellt sich daher die Frage: Wie können Unternehmen Vertrauen dafür schaffen, in gesellschaftlichen Umbrüchen Teil der Lösung zu sein?

In seinem Eröffnungsvortrag legte Prof. Wolfgang Huber, Mitglied im WZGE-Kuratorium, den Schwerpunkt auf digitale Innovationen und stellte klar: Verantwortung lässt sich dem Sinn nach nur Menschen – und nicht Maschinen – zuschreiben. Denn es sind nur die Menschen selbst, die sich als autonome Wesen gemeinsam die Regeln ihres Zusammenlebens geben können. Insofern lasse sich Vertrauenswürdigkeit gerade nicht über automatisierte Systeme erzeugen, sondern ist letztlich immer an handelnde Subjekte gebunden.

Im darauffolgenden Panel wurde die Vertrauensfrage aus verschiedenen Blickwinkeln konkretisiert. Frank Trümper, Geschäftsführer der Baden-Badener Unternehmer Gespräche, legte dar, dass sich CEOs den wachsenden Erwartungen an ihre gesellschaftliche Verantwortung stellen. Zugleich warnte er vor einer Überhöhung der Führungsrolle und verwies auf die Notwendigkeit systemischer Veränderungen. Demgegenüber legte Dr. Joana Breidenbach, Gründerin des betterplace labs, den Schwerpunkt auf die innere Haltung: Erfolgreiche Umbrüche fingen mit dem Mut an, systemische Zusammenhänge grundsätzlich zu hinterfragen. Genau dies machten uns die jüngeren Generationen  vor. Sylvia Schenk, Mitglied bei Transparency International Deutschland und im WZGE-Kuratorium, betonte indes die Herausforderungen für Unternehmen und Organisationen, in Umbrüchen die eigenen Belegschaften mitzunehmen. Denn diese würden klare Orientierungen erwarten. Daran anschließend hob Daniel Schmid, Chief Sustainability Officer der SAP SE, die Notwendigkeit unternehmerischer Leitplanken für Veränderungen und Innovationen hervor. Für die SAP seien dies die eigenen Werte und die Grundsätze des Global Compacts. Zugleich stelle sich im globalen Wettbewerb immer auch die Frage: Wie ist mit Kunden umzugehen, die die eigenen Werte nicht teilen? Hier gelte es, klare und nachvollziehbare Verfahren zu etablieren.

An die Paneldiskussion schlossen Prof. Andreas Suchanek, Vorsitzender des Vorstands Stiftung WZGE, und Dr. Katharina de Biasi, Alumni im WZGE-Doktorandenkolleg „Ethik und gute Unternehmensführung“ an. Bezugnehmend auf die vorangegangene Diskussion zeigten sie mit dem vom WZGE entwickelten „Ethischen Kompass für gute Führung“ die Notwendigkeit der „Einbettung“ von und der Selbstbegrenzung in Veränderungsprozessen auf. Vertrauen im Wandel erfordere gemeinsame Orientierungen, die gerade nicht der Veränderung preisgegeben werden dürfen. Als letzter Grundsatz sei dafür das Prinzip der Nicht-Schädigung heranzuziehen.

Ein konkretes Beispiel für vertrauensbildende Selbstbegrenzung in der Praxis präsentierten schließlich PD Dr. Lisa Schmalzried, Leiterin des WZGE-Doktorandenkollegs „Ethik und gute Unternehmensführung“ und Marie Schwimmer, Stipendiatin im Kolleg. Gemeinsam mit dem betterplace lab hat eine Gruppe von DoktorandInnen einen „Ethik-Check“ für den Umgang mit ambivalenten Partnern entwickelt. Denn zwar erfordern Umbrüche immer auch neue Partnerschaften, gerade zwischen zivilgesellschaftlichen Akteuren und Unternehmen. Gleichzeitig müssen die Partner im Interesse ihrer Integrität nach innen und außen Klarheit schaffen, unter welchen Voraussetzungen sie kooperieren und wo die Grenzen liegen. Der „Ethik-Check“ schafft diese Klarheit mithilfe eines Self-Assessments. 

Dr. Richard Pott, Vorsitzender des Aufsichtsrates von Covestro sowie des WZGE-Kuratoriums, gab abschließend eine pointierte Zusammenfassung. Gerade in Zeiten immer rascherer Umbrüche gelte es, sich die Bereitschaft und Fähigkeit zur differenzierten Betrachtung zu bewahren und in den Dialog zu investieren. Mit vielen Anregungen aus dem Kreis der TeilnehmerInnen plant das WZGE bereits den Dialog 2020.